Pfarrkirche

Pfarrkirche Hl. Michael

Geschichte Pfarrkirche
Nach der Legende soll die Pfarrkirche zum hl. Erzengel Michael vom hl. Bonifaz, dem Apostel der Germanen, gegründet worden sein, der 739 das Bistum Passau bestätigte (Lamprecht) . Von der altromanischen Bauzeit des St. Michael-Gotteshauses im 8. Jahrhundert sind nur sporadisch vorkommende, kleinere Daten, welche uns bis zum 14. Jahrhundert unterkommen, vorhanden. Vom romanischen Umbau etwa um 1000 haben wir überhaupt keine Notizen zu gewärtigen. Der gotische Umbau an der Wende des Jahrhunderts um 1400 ist uns nur aus Bauteilen der bestehenden Kirche ersichtlich. Das Presbyterium mit den gotisch gestalteten Strebepfeilern an der Außenseite zeigt an, daß man diesen Bauteil wenig verändert hat. Das Innere dieses Raumes wurde freilich entsprechend stilisiert. Auch der an der Nordseite aufragende massive Glockenturm mit seiner antiken Dachspitze bietet ein eigentümlich ehrwürdiges Aussehen und verrät im unteren Raume, welcher als Sakristei dient, sehr deutlich in dem herrlichen Rippenschmuck die alte gotische Gestaltung. 

Die Pfarre Raab, die zur Passauer Diözese gehörte, zählte nicht bloß zu den ältesten, sondern auch ausgedehntesten Pfarreien. Ihr ausgedehntes Pfarrgebiet erstreckte sich über die heutigen Pfarren Altschwendt, Enzenkirchen, St. Willibald und Zell an der Pram. Als erster Pfarrer scheint in den Traditionen des ehemaligen Klosters Formbach im 12. Jahrhundert ein "parrochianus de Reurippe nomine Herebertus" auf. Im 16. Jahrhundert übergaben die Passauer Fürstbischöfe die Raaber Pfarre dem ehemaligen Augustiner Chorherrenstift Suben am Inn zur Seelsorge. Nach Aufhebung von Suben 1784 wurde Raab dem 1785 gegründeten Linzer Bistum übertragen. Der Brand des Marktes zerstörte 1646 die gotische Michaelspfarrkirche, so dass man zur Behebung der Schäden auch Geld bei den Filialen aufnehmen musste. Von der frühen Barockausstattung blieb nichts erhalten. 1730 plante Chorherr J. Gottfried Mitterer die Errichtung einer barocken Turmkuppel. 1748 - 1755 kam es zur inneren Umgestaltung der Pfarrkirche durch den Münchener Hofunterbaumeister Johann Bauer (Fr. Köllersperger, J. G. Türk und A. Höretsberger). 1872 - 1875 erfolgte eine Renovierung, wobei im Sinne des Historismus ein neuer Hochaltartisch, ein Kreuzweg und Konsolfiguren des Grödner Meisters J. Rungaldier sowie eine Orgel von Franz Ehrlich angeschafft wurden. Von 1972 - 1976 erfolgte die Innenrenovierung und 1985 wurde die Außenrenovierung der Pfarrkirche abgeschlossen.

Zeichnung der Pfarrkirche RaabBeschreibung Äußeres Am Kirchhügel, an erhöhter Stelle im Markt gelegen, überragt der gewaltige, durch mehrere Kaffgesimse gegliederte spätgotische Turm mit seinem Pyramidendach die Baugruppe, die bis 1830 von einem Friedhof umgeben war. Die äußere Schmucklosigkeit, die im starken Kontrast zur reichen Ausgestaltung des Kircheninneres steht, gibt der Raaber Pfarrkirche etwas Wehrhaftes. Gegenüber dem Westportal erhebt sich am Kirchenplatz ein Kriegerdenkmal. Vom romanischen Kirchenbau fehlt jede Spur. Er dürfte bereits im Bereich des Kirch-(=Burg-)Hügels gelegen haben. Der gotische Vorgängerbau blieb in den Umfassungsmauern, im Chorteil und im Turm weitgehend erhalten. Aus der . Hälfte des 15. Jahrhunderts stammen der 2jochige Chor, der vom ursprünglich 2schiffigen Kirchenraum durch einen Fronbogen getrennt ist. Man darf sich die spätgotische Raaber Pfarrkirche etwa so vorstellen, wie die ehemalige Raaber Filialkirche St. Willibald heute noch aussieht. Als einziger gotischer Raum b lieb in der Pfarrkirche die Sakristei im Erdgeschoß des Turmes erhalten. (Gewölbefiguration in Art des Stephan Wultinger).

Inneres Nach Entfernung der gotischen Gewölbe und Anfügung des 2. (nördlichen) Seitenschiffes wurde der überhöhte Mittelraum mit einer Stichkappentonne, die aufs reichste stuckiert ihr Licht von den glockenförmigen Westfenstern und vom Presbyterium empfängt, von Johann Bauer überspannt (1753 - 1755). Durch die weit vorgeschobene Orgelempore, die die drei Schiffe umgreift, wird die Breite des Laienraumes ungewöhnlich betont, wie es auch im großen Stuckfeld des Deckengewölbes mit dem Auge Gottes im zentralisierenden Sinne zum Ausdruck kommt. Lichte Weite und heitere Schwerelosigkeit, wie sie das bayerische Rokoko in seinen Räumen so bezaubernd zu gestalten wusste, strömt der Raaber Kirchenraum aus, wobei die gotischen Wände mit Doppelpilastern, Stuckfeldern und reicher Durchfensterung verwandelt wurden. Die Stukkaturen sind in Art des Johann Baptist Modler, der auch in Suben arbeitete. In Raab finden sich außer dem erwähnten Gottesauge als Zentralmotiv Putti und Rocaillen bzw. Stuckreliefs, die im rechten Seitenschiff auf die hl. Katharina von Alexandrien und links auf die Gottesmutter Bezug nehmen. Die drei Felder des Presbyteriums zeigen Stuckreliefs der hl. drei Erzengel Michael, Gabriel und Rafael als Putti, dann die Attribute Herzogshut (= Bayern), Thron, Fahne, Herz, Turm und Krone. Am Triumphbogen ein Rocailleschild mit Inschrift und Chronogramm: "SanCteArChangeLe MIChaeL CoeLestIs ChorL PrinCeps ora pro nobIs" (hl. Erzengel Michael, Führer der himmlischen Scharen, bitte für uns! Die hervorgehobenen Buchstaben ergeben die Jahreszahl 1754). Den Raum beherrscht der Hochaltar. In der Mitte erscheint in einem großformatigen Ölbild des Rieder Malers Michael Schock der Kirchenpatron St. Michael als Sieger über den Luzifer (um 1818). Darüber findet sich ein thematisch nicht zugehöriges älteres Barockgebäude "Die hl. Irene pflegt den hl. Sebastian" , umgeben von Engeln und Putten. Zwischen den Säulen und umspielt vom Gegenlicht stehen die qualitätsvollen Figuren der hl. Florian und Rochus, Arbeiten des Schärdinger Bildhauers Mathias Kager. Auch der Tabernakel entstammt der Rokokoausstattung, während die Tumba im 19. Jahrhundert durch den historischen Tischaltar ersetzt wurde. Kanzel und die beiden Fronbogenaltäre wurden von Wohltätern errichtet, die namentlich nicht überliefert sind. Sie hat der Bildhauer Franz Stadler aus Neufelden angefertigt. Besonders geschickt ist die Kanzel mit ihrem schmal gebauchten Korb und hohem Schalldeckel eingefügt. Auf der Korbbrüstung zeigt sie das Gleichnis vom guten und schlechten Sämann, am Schalldeckel die Symbole für Hoffnung (Anker), Liebe (Herz), und zuoberst den Glauben (Kelch). Der (vom Betrachter aus gesehen) linke Seitenaltar schmiegt sich wie sein Gegenstück diagonal an den Triumphbogen. Sein Aufbau wiederholt in vereinfachter Form jenen des Hochaltars. Das Altarblatt, wohl von M. Steiner aus Peuerbach, zeigt die Hl. Familie. Im glockenförmigen Oberbild einen hl. Märtyrer, vielleicht den hl. Johannes M., einen der "Wetterherren", deren Fest am 26. Juni gefeiert wurde. Die Figuren der hl. Barbara (mit Kelch und Palme) und Apollonia (mit Zahnzange) stehen beidseits des Hauptbildes. Farbenprächtiger erscheint uns der rechte Seitenaltar mit dem Gemälde der Schlüsselübergabe an Petrus von M. Steiner. Im dunklen Aufsatzbild ist der hl. Johannes der Täufer gegenwärtig. Die beiden seitlichen Figuren stellen die hl. Elisabeth von Thüringen und Maria Magdalena dar und stammen von Franz Stadler. In den Seitenschiffen sind die Altäre als einfache Wandretabel ausgebildet. Im reich gekurvten Bildrahmen ist rechts die mystische Verlobung der hl. Katharina von Alexandrien und links eine thronende Muttergottes mit Jesuskind (M. 17. Jh.) dargestellt. Von besonders guter Qualität sind die Altarplatiken des hl. Kirchenvaters Augustines (mit brennendem Herzen) und des hl. Wolfgangs, Bischofs von Regensburg, am rechten Seitenschiffaltar, beide von Mathias Kager. Die Figuren am linken Seitenschiffsaltar stellen die hl. Franz Xaver und Johannes von Nepomuk dar und sind einer anderen Hand zuzuweisen. Aus dem 18. Jahrhundert blieb die Konsolfigur des linken Seitenschiffes, die den hl. Franz von Assisi wiedergibt, erhalten, während die lebensgroßen Konsolfiguren der hl. Leonhard, Aloisius von Gonzaga und die Altarfigur Herz Jesu laut Signatur aus der Werkstatt des J. Rungaldier, Gröden, Südtirol, kommen, der wohl auch den historischen Kreuzweg fertigte (Ende 19. Jh.). Aus der Ausstattungszeit von 1754 blieben die Eichendokken (Stuhlwangen) des Kirchengestühls erhalten. Das kleine neogotische Orgelgehäuse eines 16registrigen Werkes von Franz Ehrlich aus Braunau dürfte vor 100 Jahren durch ein barockes Werk ersetzt worden sein. Von großem historischen Interesse sind die erhaltenen Grabmonumente: ein Pfleger von Raab, gestorben 1544 (rechtes Seitenschiff), Pfarrvikar Johannes Winterholler, gestorben 1752 (linkes Seitenschiff), Dr. Johann Friedrich Dyr, gestorben 1760, erster Benefiziat von Maria Bründl (Presbyterium), Josef Oeberger, Pfarrvikar von Raab (Presbyterium), Pfr. Karl Theodor Keller, gest. 1811 und Benefiziat Samuel Meyer, gestorben 1843 (Außenwestseite).